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Trost und Stärkung in schwerer Zeit

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Datum:
Veröffentlicht: 20.12.24
Von:
Michael Kniess

Sie steht für Stärkung und Begleitung in Zeiten schwerer Erkrankung. Sie ist mehr als ein Trost angesichts des bevorstehenden Todes. Die Krankensalbung will Menschen, die schwach, alt oder krank sind, Mut zusprechen.

Was so ein Tropfen Öl alles ausmachen kann, erlebt Pfarrer Roland Huth Tag für Tag aufs Neue. Der katholische Geistliche ist Klinikseelsorger im Bamberger Klinikum am Bruderwald. Die Krankensalbung gehört zu seinem seelsorgerlichen Alltag. Wird er gebeten, dieses Sakrament zu spenden, ist es meist ernst. Doch nicht nur, wer sich auf den allerletzten Metern seines Lebenswegs oder in akuter Lebensgefahr befindet, sondern auch wer vor einer komplizierten Operation steht, wünscht sich die Krankensalbung, genauso wie im Angesicht einer körperlichen oder psychischen Erkrankung.

Die Krankensalbung, sie ist mehr als die „Letzte Ölung“, als die sie im Volksmund lange Zeit galt und wie sie auch heute noch landläufig bezeichnet wird. „Natürlich wird um sie gebeten, wenn der Tod eines Menschen absehbar ist, aber eben bei weitem nicht nur in diesen Fällen“, betont Pfarrer Roland Huth. „Sie wird nicht nur Sterbenden gespendet, sondern soll Menschen, die alt, schwach oder krank sind, neue Kraft geben.“ Darauf immer wieder hinzuweisen, ist dem katholischen Geistlichen mit langer seelsorgerlicher Erfahrung als Pfarrer in Nürnberg sowie als Dekan in Coburg ein besonderes Anliegen.

Die Krankensalbung, die auch mehrfach gespendet werden kann, ist für ihn vielmehr eine Stärkung für die Lebenden: „Sie ist eine Zusage Gottes, der sagt, ich bin da und du sollst wissen, ich stärke und begleite dich auch jetzt in dieser schwierigen Zeit und bleibe solidarisch an deiner Seite, im Leben wie im Sterben.“ Dieses Verständnis liegt der Krankensalbung, als eines der sieben Sakramente in der katholischen Kirche, zugrunde.

Menschen in Krankheit, Krisen, Sterben und Tod zu begleiten, ist grundlegende Aufgabe der Seelsorge und gehört seit ihren Anfängen zu ihrem Selbstverständnis. Bereits im Jakobusbrief wird die Praxis erwähnt, kranke Menschen mit Öl zu salben, um sie aufzurichten. An diese alte christliche Überzeugung knüpft der Ritus bis heute an. Damals wie heute sind das Gebet, die Handauflegung, die Salbung mit Öl und die Sündenvergebung wesentliche Elemente der Krankensalbung. Für Pfarrer Roland Huth sind es stets besondere Momente, wenn er diese spendet: „Was mich anrührt ist die Tatsache, wie nah man Menschen bei diesem Sakrament kommen kann.“

Denn eine Krankensalbung bedeutet immer auch, sich gegenseitig viel Vertrauen zu schenken. Sie sorgt dafür, dass Menschen sich aufmachen: „Die Krankensalbung ist ein sehr haptisches und sinnenhaftes Sakrament. Ich salbe auf die Stirn, wo der Verstand sitzt und in die Hände, wo die Lebenskraft liegt. Allein durch diese wertschätzende Berührung, die sagt, du bist kostbar, auch in der Lebenssituation, in der du gerade steckst, tut sich etwas.“ Das geschieht in einem Krankensalbungsgottesdienst in einer Pfarrgemeinde, zu Hause, in einem Seniorenpflegeheim oder eben im Krankenhaus.

Gerade ein Klinikaufenthalt ist für jeden Menschen eine besonders herausfordernde Situation. Intimität wird beschädigt, weil man sich pflegen lassen muss, man verliert ein Stück weit seine Selbstständigkeit und Selbstbestimmung, erlebt eine gefühlte Abhängigkeit und verspürt eine tiefe Unsicherheit. Diese Erfahrungen betreffen den Menschen in all seinen Dimensionen – oft körperlich spürbar, psychisch fühlbar und spirituell tastend. Dinge reißen auf, die man sein Leben lang wegdrücken konnte. „In solchen Situationen kommt vieles zur Sprache“, sagt Klinikseelsorger Roland Huth. „Die schönen Dinge, aber auch die schmerzhaften Bruchgeschichten des Lebens, die bislang im Verborgenen geblieben sind.“ Das sind kostbare Momente, auch für die Angehörigen. Denn Pfarrer Roland Huth ist es besonders wichtig, dass die Krankensalbung in Gemeinschaft stattfindet: „Solche Augenblicke sind mitunter sehr aufwühlend, wo ganz viel da ist an Schönem, aber auch an Schmerzlichem.“ Man erinnert sich an gemeinsame kostbare Augenblicke, es werden Dinge aus der Vergangenheit verziehen, es fallen Sätze wie „Wir haben unter dir leiden müssen, aber jetzt darf es gut werden“.

Die Krankensalbung bietet auch dafür Raum. Sie ist immer auch ein Akt der Sündenvergebung. „Es geht für mich niemals ausschließlich um das körperliche Heil-Werden und darum, dass ein kranker Mensch die Kraft zur Gesundung aufbringen kann, was leider oft rational nicht möglich sein wird“, unterstreicht Pfarrer Roland Huth. Wichtig ist ihm etwas anderes: „Gerade bei diesem Sakrament ist doch am wichtigsten zu betonen, dass wir an einen uns zugewandten Gott glauben können und es sein Versprechen gibt, uns auch in Krankheit und im Sterben nicht allein zu lassen. Wenn wir als Christen unseren Glauben ernst nehmen, wissen wir, es geht vom Leben ins Leben.“

Manche Menschen entlastet es auch, wenn sie nicht in die Vorstellung hineingezwungen werden, dass jetzt die großen Wunder geschehen und sie wieder gesunden müssen. Auch das erlebt Pfarrer Roland Huth immer wieder. Die vermeintlich kleinen Wunder geschehen dann doch: Menschen, die sehr verkrampft waren, können nach der Spendung des Sakraments gut gehen. Menschen, die seit Tagen nichts mehr gesprochen haben, beten plötzlich l eise das „Vater unser“ mit. Und manchmal kann die Krankensalbung auch ein Türöffner sein: Wenn in einer zunehmend säkularer werdenden Gesellschaft Kinder oder Enkel das Ritual miterleben, das ihnen bis dato völlig fremd ist, kann das Sakrament auch ein Tabubruch von der anderen Seite sein, der neugierig macht. Was so ein Tropfen Öl alles ausmachen kann.

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